Es ist viel Nostalgie in diesem Buch, Sehnsucht nach den Klassenkämpfen einer ur-archaischen Gesellschaft, auch Nostalgie nach der »Sinnlichkeit« körperlicher Arbeit (…) – empfindsam geschildert, diese Nostalgie (besonders bei der Schilderung des Backens, der seemännischen Arbeit, des Kranführer etc.) schön, auch die Beobachtung der Katzen, die Beschreibung des „Treibens“ auf Märkten und Straßen, die Schilderung archaisch-ruhiger Mahlzeiten.
Heinrich Böll in einem Brief an Erasmus Schöfer, 10.9.1984
Ein Zeitroman, in dem jüngste deutsche Geschichte und persönliche Erfahrung des Autors verschmolzen sind, was dem Erzählten zu eindringlicher Authentizität verhilft.
Karl Otto Conrady, Gutachten Stiftung Kunst & Kultur NRW 2000
Die eigenwillige Schreibweise (geteimt, Toalette, Kaos, flickerten BlauBlitze, PolizeiPeKaWes – aber das ß!) des promovierten Sprachwissenschaftlers und Philosophen Schöfer lässt Leseschwerarbeit befürchten. Aber kaum hat man sich zwischen die Zeilen gesetzt, ist man schon drin in den changierenden Gedanken und Bildern… Das macht den Roman über jene sonderbar entrückten, gar nicht so fernen Zeiten aufregend: Das historische Phänomen 1968 entstand ungelenkt, aus höchst unterschiedlichen individuellen Einstellungen und Handlungen. Selbst das Individuum zerfällt in viele Stimmen, wir erleben ein weites Spektrum von Sprachhaltungen. Leidenschaftenwortsalat, WohnKüchenParlando, Polit-Rhetorik, Rechenschaftsgemurmel, dieser Roman erzählt vor allem von der Zerbrechlichkeit der Lebensgeschichten. (…) Schon allein dieses Wiedererkennen, wenn man sich erinnert, wer alles in diesem Frühling 1968 vom „Bazillus der Politisierung“ infiziert war. Erich Fried sowieso, er taucht im KommaKlub auf, Peter Stein, Bruno Ganz, Martin Walser ziehen durch den Text. Günter Eich besucht Bliss bei einem 65er Riesling in seiner Küche: „So viel Freundlichkeit in den Augen, in den Falten. Schmerz auch. Gibt zu, dass er Lampenfieber hat, wenn er vor Leuten auftreten soll. Muss sich Mut antrinken! (…)“
Mechthild Podzeit-lütjen, Die Furche 15.8.2001
Ein kämpferisches Werk, mit einem kraftvollen Glauben daran, dass Literatur die Lebensverhältnisse der Menschen verändern kann. Und nicht die eigenen Lebensverhältnisse vor allem, sondern die einer solidarischen Gesellschaft.
Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Sein (Schöfers) unzeitgemäßer „Zeitroman“ ist ein großes und anspruchsvolles Unternehmen, ein Textarchiv der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, eine Literaturgeschichte in der Literatur (…) „Die Kinder des Sisyfos“ (ist ) ein Romanzyklus gegen die Resignation, ein Mittel gegen linke Melancholie.
Heribert Hoven, Die Tageszeitung 7.7.2004
Eine lebendige, szenisch anschauliche Darstellung der Ereignisse zwischen 1968 und 1989. (…) Und man darf sagen, Schöfer hat jenen Jahren ihre Vieldeutigkeit zurückgegeben. Indem er von nichts als Schwierigkeiten erzählt, hat er den inzwischen zerschlissenen Weltverbesserungsträumen ihre Größe zurückgegeben.
Walter van Rossum, Deutschlandfunk, 19.8.2004
Die Romane als Repräsentation bundesdeutscher Geschichte der linken Bewegung seit den 1960er Jahren sind ein großer Wurf. Das Unternehmen ist einzigartig, Schöfers Wissen und Kraft zur Verdichtung von immensem historischen Material bewundernswert.
Rüdiger Scholz, Peter-Weiss-Jahrbuch 2005
Nur wenigen gelingt es, über jenes psychisch-körperliche Zusammenspiel von Gefühlen, Affekten und Empfindungen, das wir – ein Begriff unpassender als der andere – Geschlechtsverkehr, Liebesakt, Beischlaf oder Vögeln nennen, so zu schreiben, dass es weder angestrengt noch pornographisch klingt. Thomas Lehr („Nabokovs Katze“) gehört dazu, Thommie Bayer („Das Herz ist eine miese Gegend“) und jetzt auch Erasmus Schöfer.
Hannes Krauss in „Unsichtbar lächelnd …“, (2006)
Es ist und bleibt ein packendes Buch, das wie die anderen drei (Romane) Erinnerungen an das eigene gelebte Leben wachruft. Von allen deutschen Gegenwartsromanen, die ich kenne, ging mich keiner mehr an als dieser.
Walter Kaufmann, Neues Deutschland 15.9.2008
Der Aufklärung und Emanzipation verpflichtet, hat Schöfer intellektuelle und geistreiche Sprachexperimente gewagt. Wie Regler hat er in seinem Werk die Desillusionierung einer zu sozialen und politischen Utopien aufbrechenden Generation literarisch gestaltet. In seiner weit ausholenden Romantetralogie „Die Kinder des Sisyfos“ erweist er sich als genauer und sensibler Beobachter von Menschen, die in ihren konkreten geschichtlichen Zusammenhängen agieren und so ein neues Selbstverständnis finden.
Begründung der Jury zur Verleihung des Gustav-Regler-Preises der Kreisstadt Merzig 2008
Die epische Schwermut, vor der diese Heiterkeit erst zum Leuchten gelangt, kenne ich nur von Leuten, die, wie ebenfalls Schernikau, so viel über Deutschland als politisches Jammertal wussten, wie Döblin in den November 1918-Romanen verraten hat; also etwa bei Peter Weiss oder bei Erasmus Schöfer.
Dietmar Dath in Neue Rundschau 1/2009
Es ist kein trockenes Geschichtsbuch, sondern ein bemerkenswertes Stück Literatur, das zum Besten gehört, was der Rezensent je in deutscher Sprache gelesen hat.
Thomas Wagner, Junge Welt
Ein wunderbarer Autor!
Ilija Trojanow in seiner Empfehlung Erasmus Schöfers für das Internationale Programm des Berliner Literaturfestivals 2009
Was Schöfers Roman (…) leistet, ist eine enge Verknüpfung im Kapitalismus getrennter Bereiche wie Arbeit, Kunst, Politik und Liebe.
Franziska Schössler in: “Erasmus Schöfers andere Theatergeschichte” 2012
Deine Romane waren für mich wie frischer Wind, wie ein Aufreißen des Fensters in einem miefigen Zimmer. Man wird als Leser in die „Kinder des Sisyfos“ von Anfang hineingezogen, und da Du sehr bewegte Zeiten beschreibst, bewirkt dieser atemlose Stil, dass man ein Gefühl dafür bekommt, wie die Mauern und Pfeiler des Status Quo ins Wanken geraten, wie berauschend aber auch verwirrend solche Momente des Aufbruchs sind.
Ilija Trojanow in einem Brief an Erasmus Schöfer, 2012
Unbedingt möchte ich noch hervorheben, dass Eramus Schöfer das Problem der in Prüderie oder blumiger Klischeehaftigkeit erstarrten Sprache der Liebe beeindruckend gelöst hat.”
Sabine Kebir in: “Auf der Höhe der Zeit erzählt”, 2012
Rückblickend mustert Schöfer die linke Geschichte dieser Bundesrepublik, die zwei entscheidenden Dezennien von 1968 bis 1989 (…) Was Peter Weiss in den 70er Jahren mit seiner „Ästhetik des Widerstands“ leistete, nämlich die fiktionale Darstellung der linken Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, das unternimmt Schöfer in seinem Roman („Die Kinder des Sisyfos“) für die zweite Hälfte.
Karlheinz Braun, Frankfurter Rundschau
Die Schilderungen von Privatem und Politischem, von Liebe und Einsamkeit, Resignation und neuem Widerstandswillen, ferner Natur- und Großstadtszenen sind (…) zu einer farbigen Montage zusammengefügt, bei der auf das Geschichtliche und Politische immer wieder angespielt wird (…). Lebensleid und Lebenslust sind die beiden Seiten derselben Medaille.
Hermann Glaser, Nürnberger Nachrichten
So kann nur einer schreiben, der selbst in diese Auseinandersetzungen involviert war, der sie als aktiv Beteiligter aus der Binnenperspektive kennt.
Joke Frerichs, Blog der Republik 5.5.2019
Mit seinen fiktiven Hauptfiguren, dem Lehrer Viktor Bliss, seiner Ehefrau, der Schauspielerin Lena Bliss, und dem Arbeiter und Betriebsrat Manfred Anklam lässt Schöfer Großdemonstrationen wie die gegen die Wiederbewaffnung, den Vietnamkrieg, die Nachrüstung, gegen Atomkraftwerke und Betriebsstilllegungen noch einmal aufleben.
Angela Gutzeit, Deutschlandfunk Kultur 5.7.2019
In Wyhl verliebt sich Kolenda in die 19jährige Jungbäuerin und Aktivistin Salli Biechele. Die Gestaltung dieser Liebesgeschichte einschließlich ihrer sinnlichen Ebene und ihres dramatischen Endes ist Weltliteratur…
Jens Jürgen Korff in einem Porträt zum 90. Geburtstag, 2021
In Athen erleben sie den Tod der jungen Kommunistin Sotiria Vasilakopoulou mit… Sotiria und ihre Freundin Katina sind Hauptfiguren in Schöfers Roman [„Sonnenflucht“]. Das Aquarell dieser Frauenfreundschaft vor dem Hintergrund eines elementaren Sonnenaufgangs über dem Meer, ganz am Anfang des Romans, zähle ich zu den Höhepunkten der Tetralogie.
Jens Jürgen Korff in einem Porträt zum 90. Geburtstag, 2021
Das auf dokumentarischem Stoff fußende Romangenre bringt oft Werke hervor, aus denen durch Weglassen von Material und Hinzufügen von angeblich Authentischem letztlich doch Projektionen des Autors scheinen. Dieses, auch bei Peter Weiss feststellbare Dilemma, hat Schöfer durch Fiktionalisierung der Protagonisten vermieden, auch wenn sie Züge realer Menschen bündeln. Und historische Figuren kommen nur in belegbaren Zusammenhängen vor.
Sabine Kebir, Neues Deutschland 24.11.2021
Schöfer hat seinen Männergestalten nicht den Widerspruch zwischen Trieben und neuem Verstand erspart. Bliss bekämpft seine Eifersucht, zumal er sich auch mal nach anderen Frauen sehnt. Von einer Freundin Lenas lässt er sich zu einem Abenteuer in der Duschkabine verführen: «geht denn das hier drin klar geht das pass auf und bog sich zurück an die kachelwand …
Sabine Kebir, Neues Deutschland 24.11.2021