Winterdämmerung

Winterdämmerung Cover

SISYFOS ABSCHIED

Überall hört er das irdische Grollen

Schließlich bebt der Berg
Wächst in den Himmel
Feuerschein Aufruhr von Blitzen
in den schwarz schäumenden Wolken
Die Empörung der Erde

Sonnendämmerung
Sisyfos verlässt seine Kinder

Im Nacken die steinerne Last
klimmt er
sprachlos
wie träumend
zum glühenden Krater
in seine Befreiung

SISYFOS KINDER

Erloschen der wilde Berg
Die Erde schweigt
Geklärter Himmel
Die Sonne sinkt dahin
wie für immer 

Ratlos die Söhne
ziehen die Stiefel aus
Die Tochter lächelt
zeigt in die blauende Nacht
Da steht im Orion
der Vater

Inhalt

Winterdämmerung“ (2008), führt den Leser in die Zeit von 1988/89, wobei von zentraler Bedeutung der Kampf um den Erhalt des Kruppschen Stahlwerks in Rheinhausen ist. Auch wenn – letzten Endes – diese Bewegung gescheitert ist, hält Schöfer doch unbeirrt den Hoffnungsgedanken hoch. Am Silvesterabend 1999/2000 lässt er seine Protagonisten noch einmal in Rheinhausen zusammentreffen; sie feiern, erinnern sich an die wilden Tage früher, versuchen Bilanz zu ziehen (…): „Vielleicht (…) befreit uns der Absturz, alles noch einmal neu zu denken, eine gerechte Gesellschaft, in der auch die andre Seite des Menschen sich entfalten kann – seine Fantasie, seine Spiritualität, sein Spieltrieb.“ Und ganz zum Schluss weht (…) auf dem stillgelegten Hochofen – nein, nicht die rote Fahne, sondern flattert, was vom Arbeitskampf übrig blieb: ein „roter Fetzen“.

Werner Jung 2011

Biographie und Zeitroman

Der vierte Band »Winterdämmerung« umfasst die 1980er Jahre. Höhe­punkte sind die Diskussion eines Peter-Weiss-Lesekreises in Düsseldorf 1980, Kolendas Reportage aus dem Hüttendorf der Kämpfer gegen die Startbahn West in Mörfelden-Walldorf 1981 (einschließlich Wiedersehen mit Salli), ein Gespräch zwischen Bliss und dem Friedensforscher Horst-Eberhard Richter 1982 und der Kampf gegen die Schließung der Krupp-Stahlhütte in Duisburg-Rhein­hausen 1987, geschildert aus der Perspektive Manfred Anklams. Quer dazwischen ragt der schwarze Felsen eines privaten Totschlags mit anschließendem Suizid des Täters. Eine Mutter, die ihre Tochter verliert; ein Mann, der sie trösten will. Schwer zu begreifen, verstörend – aber Schöfer und seine spätere Frau Paula Keller haben es tatsächlich so erleben müssen. 1987 war auch das Jahr, in dem ich die beiden in Köln kennen gelernt habe, inmitten von schwierigen Debatten zwischen Gorbatschow- und Honecker-Kommunisten um das Erbe des Stalinismus; Debatten, die wie aus der Zeit gefallen waren, denn der Rest der westdeut­schen Gesellschaft hatte sie längst hinter sich. Das erfuhren auch Schöfer und Keller, als sie 1989 ihre Interviews mit Kommuni­stinnen und -ten herausgaben, unter dem Titel: »Ist die DKP noch zu retten?« Die Zeit antwortete kühl mit Nein. Es blieb dem parteilosen Sozialisten Anklam vorbehalten, zu Silvester 1989 eine rote Fahne auf dem untergehenden Hochofen zu hissen.

Jens Jürgen Korff 2021

Ausgabe 2018

Die komplette Tetralogie mit Begleitband (erläuterndes Sach- und Personenregister), Paperback, 2310 Seiten, Weilerswist (Velbrück/Dittrich) 2018, ISBN 9783947373239, € 39,90